Strade Bianche | ITA | 1.WT3

[Fothen_29]

Cofidis
001 Tom Pidcock (Gbr) [COF]
002 Silvan Dillier (Sui) [COF]
003 Owain Doull (Gbr) [COF]
004 Luke Rowe (Gbr) [COF]
005 Geraint Thomas (Gbr) [COF]
006 Jan Tratnik (Slo) [COF]
007 Carlos Verona (Esp) [COF]

Israel - Premier Tech
011 Valentin Madouas (Fra) [IPT]
012 Jacopo Guarnieri (Ita) [IPT]
013 Lander Loockx (Bel) [IPT]
014 Simone Velasco (Ita) [IPT]
015 Alessandro Verre (Ita) [IPT]
016 Bram Welten (Ned) [IPT]
017 Samuele Zoccarato (Ita) [IPT]

Burgos - BH
021 Attila Valter (Hun) [BBH]
022 Alberto Bettiol (Ita) [BBH]
023 Jefferson Alveiro Cepeda (Ecu) [BBH]
024 Giacomo Nizzolo (Ita) [BBH]
025 Salvatore Puccio (Ita) [BBH]
026 Gonzalo Serrano (Esp) [BBH]
027 Riley Sheehan (Usa) [BBH]

Q36.5 Pro Cycling Team
031 Toms Skujins (Lat) [Q36]
032 Fabio Felline (Ita) [Q36]
033 Davide Formolo (Ita) [Q36]
034 Matej Mohoric (Slo) [Q36]
035 Jacopo Mosca (Ita) [Q36]
036 Gianni Moscon (Ita) [Q36]
037 Krists Neilands (Lat) [Q36]

Team Novo Nordisk
041 Mathieu van der Poel (Ned) [TNN]
042 Andrey Amador (Crc) [TNN]
043 Sebastian Berwick (Aus) [TNN]
044 Santiago Buitrago (Col) [TNN]
045 Thomas Gloag (Gbr) [TNN]
046 Reuben Thompson (Nzl) [TNN]
047 Samuel Watson (Gbr) [TNN]

Lidl-Trek
051 Quinn Simmons (Usa) [LTK]
052 Felix Engelhardt (Ger) [LTK]
053 Florian Lipowitz (Ger) [LTK]
054 Anton Palzer (Ger) [LTK]
055 Sean Quinn (Usa) [LTK]
056 Mauro Schmid (Sui) [LTK]
057 Georg Zimmermann (Ger) [LTK]

Astana Qazaqstan Team
061 Kasper Asgreen (Den) [AST]
062 Louis Barré (Fra) [AST]
063 Gleb Brussenskiy (Kaz) [AST]
064 Yevgeni Fedorov (Kaz) [AST]
065 Alexey Lutsenko (Kaz) [AST]
066 Lorenzo Rota (Ita) [AST]
067 Dylan Teuns (Bel) [AST]

Team Total Energies
071 Thomas Champion (Fra) [TEN]
072 Clement Champoussin (Fra) [TEN]
073 Anthony Delaplace (Fra) [TEN]
074 Romain Grégoire (Fra) [TEN]
075 Lenny Martinez (Fra) [TEN]
076 Andrea Piccolo (Ita) [TEN]
077 Tadej Pogacar (Slo) [TEN]

Polti - Kometa
081 Vincenzo Albanese (Ita) [PTK]
082 Andrea Bagioli (Ita) [PTK]
083 Filippo Baroncini (Ita) [PTK]
084 Walter Calzoni (Ita) [PTK]
085 Luca Mozzato (Ita) [PTK]
086 Kristian Sbaragli (Ita) [PTK]
087 Diego Ulissi (Ita) [PTK]

Team Corratec - Selle Italia
091 Pawel Bernas (Pol) [COR]
092 Josef Cerny (Cze) [COR]
093 Gal Glivar (Slo) [COR]
094 Kamil Gradek (Pol) [COR]
095 Michal Kwiatkowski (Pol) [COR]
096 Kamil Malecki (Pol) [COR]
097 Alessandro Monaco (Ita) [COR]

EF Education - EasyPost
101 Giovanni Aleotti (Ita) [EFE]
102 Marc Hirschi (Sui) [EFE]
103 Markus Hoelgaard (Nor) [EFE]
104 Tobias Johannessen (Nor) [EFE]
105 Matteo Jorgenson (Usa) [EFE]
106 Sylvain Moniquet (Bel) [EFE]
107 Filippo Zana (Ita) [EFE]

Tudor Pro Cycling Team
111 Adam Yates (Gbr) [TUD]
112 Filippo Colombo (Sui) [TUD]
113 Paul Double (Gbr) [TUD]
114 Darren Rafferty (Irl) [TUD]
115 Archie Ryan (Irl) [TUD]
116 Ben Swift (Gbr) [TUD]
117 Rory Townsend (Irl) [TUD]

Euskaltel - Euskadi
121 Iván García (Esp) [EUS]
122 Roger Adriá (Esp) [EUS]
123 Tom Bohli (Sui) [EUS]
124 Carlos Canal (Esp) [EUS]
125 Juri Hollmann (Ger) [EUS]
126 Gorka Izagirre (Esp) [EUS]
127 Stan Van Tricht (Bel) [EUS]

Intermarché - Wanty
131 Tiesj Benoot (Bel) [IWA]
132 Zeb Kyffin (Gbr) [IWA]
133 Gregor Mühlberger (Aut) [IWA]
134 Charlie Paige (Gbr) [IWA]
135 Harry Sweeny (Aus) [IWA]
136 Maxim Van Gils (Bel) [IWA]
137 Nicolas Vinokourov (Kaz) [IWA]

VF Group - Bardiani CSF - Faizanè
141 Jonas Abrahamsen (Nor) [VBF]
142 Idar Andersen (Nor) [VBF]
143 Gianluca Brambilla (Ita) [VBF]
144 Fredrik Dversnes (Nor) [VBF]
145 Filippo Fiorelli (Ita) [VBF]
146 Jonas Iversby Hvideberg (Nor) [VBF]
147 Andrea Vendrame (Ita) [VBF]

Soudal - Quick Step
151 Marco Brenner (Ger) [SOQ]
152 Gil Gelders (Bel) [SOQ]
153 Felix Groß (Ger) [SOQ]
154 Alexis Guérin (Fra) [SOQ]
155 Arthur Kluckers (Lux) [SOQ]
156 William Junior Lecerf (Bel) [SOQ]
157 Mathias Vacek (Cze) [SOQ]

[Fothen_29]

Herzlich Willkommen aus Siena - sicherlich eine der schönsten Städte Italiens, anlässlich eines der schönsten Radrennen der Welt. Obwohl die Strade Bianche erst seit 2008 ausgetragen werden, hat sich das Rennen den Status des "heimlichen Monuments" mehr als verdient. Rekordsieger ist Zdenek Stybar, dem bei seinen Siegen 2016, 2018 und 2019 das Kunststück gelang, diese Siege jeweils für ein anderes Team zu realisieren. Im Vorjahr gewann zwar Pidcock (COF), der auch dieses Jahr wieder am Start steht. Die Top-Favoriten dürften am heutigen Tag aber Pogacar (TEN) und van der Poel (TNN) sein. Der slowenische Sieger der Strade Bianche 2022 verzichtete im Vorjahr zugunsten von Paris-Nice auf den Kampf um die Titelverteidigung, während Poulidors Enkel, seines Zeichens Sieger 2021, im Vorjahr nur Sechster wurde. Ansonsten aus dem Top Ten des Vorjahrs dabei: Madouas (IPT), Valter (BBH), Mohoric (Q36) und Simmons (LTK). Das Schotter-Duell zwischen Pogacar (TEN) und van der Poel (TNN) geht also in die nächste Runde: nachdem der Niederländer seinen Titel bei der "spanischen Strade Bianche" in Jaen verteidigen konnte, besteht für den Slowenen, der zuletzt dominant die Gran Camino Rundfahrt gewinnen konnte, nun die Chance für die ungleich prestigeträchtigere Revanche.

Die frühe Phase des heutigen Rennens hat es derweil gleich mal in sich: mit Cofidis und Total finden sich nur die Teams der Sieger der vergangenen beiden Jahre in der Nachführarbeit zusammen. Unterstützt werden diese Teams zwar von Novo Nordisk und Tudor, die aber ebenfalls die Tagesgruppe besetzen wollen. So findet eine ursprünglich von den Italienern Albanese (PTK) und Aleotti (EFE) initialisierte Gruppe mehr und mehr Zulauf. Das geht so weit, dass sich irgendwann auch Fahrer wie Madouas (IPT, letztes Jahr Zweiter) und Mohoric (Q36, letztes Jahr Vierter) der Gruppe anschließen. Beides sind Fahrer, die von vielen Kapitänen beobachtet werden, sodass spätestens zu diesem Zeitpunkt durch die entsprechenden Reaktionen alles wieder zusammenrollt. Während in einem ersten Schritt die Gefahr der Bildung einer Riesen-Gruppe also abgewendet zu sein scheint, bleibt das Grundproblem bestehen: es führen maximal vier Teams nach, von denen nur zwei auch so konsequent sind, die Gruppe nicht selber mitbesetzen zu wollen.

Diesen Teams spielt in die Karten, dass der zweite Schotter-Sektor nach Bragnana bereits Steigungen von über sechs Prozent beinhaltet, die bei der Besetzung der Gruppe eine mitstrukturierende Wirkung entfalten. In dieser Steigung wird erwartbarerweise erneut munter attackiert, wobei sich eine Gruppe mit Albanese (PTK), Bettiol (BBH), Brambilla und Vendrame (beide VBF), Lutsenko, Rota und Teuns, (alle AST), Mühlberger (IWA), Neilands (Q36), Rafferty und Ryan (beide TUD) sowie Zimmermann (LTK) herausbildet. Aleotti (EFE), Gloag (TNN) und Mosca (Q36) sind die ersten Verfolger, die aber eine Lücke nach ganz vorne nicht schließen können. Weitere Fahrer wie Cerny (COR), Felline und Moscon (beide Q36), Gelders (SOQ) und van Tricht (EUS) versuchen nach dem Sektor noch, den Sprung nach vorne zu schaffen. Dieses Nachsetzen wird letztlich dadurch unterbunden, dass erneut auch Madouas (IPT) und Mohoric (Q36) nachsetzen, deren Vorstoß allerdings wieder von vielen weiteren Mit-Favoriten neutralisiert wird. Durch die damit verbundene kurzfristige Tempo-Erhöhung werden auch Aleotti (EFE), Gloag (TNN) und Mosca (Q36) aufgefahren und man kommt selbst der Spitzengruppe nochmal bedrohlich nahe. Eingeholt wird diese aber nicht - und da die Reaktion der anderen Kapitäne auf Madouas (IPT) und Mohoric (Q36) nach deren Einholung den typischen Vakuum-Moment des gegenseitigen Anschauens kreiert, ist das Momentum kurz auf der Seite der Gruppe vorne, die somit endgültig die Lücke aufmachen kann.

Gruppe
014 Simone Velasco (Ita) [IPT]
022 Alberto Bettiol (Ita) [BBH]
037 Krists Neilands (Lat) [Q36]
057 Georg Zimmermann (Ger) [LTK]
065 Alexey Lutsenko (Kaz) [AST]
066 Lorenzo Rota (Ita) [AST]
067 Dylan Teuns (Bel) [AST]
081 Vincenzo Albanese (Ita) [PTK]
114 Darren Rafferty (Irl) [TUD]
115 Archie Ryan (Irl) [TUD]
133 Gregor Mühlberger (Aut) [IWA]
143 Gianluca Brambilla (Ita) [VBF]
147 Andrea Vendrame (Ita) [VBF]

Das ist natürlich schon ein Brett: 13 Fahrer vor dem Feld - und das sind alles keine no names. Eine Hoffnung, die man im Feld angesichts großer Gruppen oftmals haben darf, ist die fehlende Zusammenarbeit in solchen Formationen, wenn sich mancher angesichts der Gruppengröße zu verstecken versucht. Allerdings zerschlägt sich diese Hoffnung schnell: nur die Iren aus dem Hause Tudor halten sich vorne aus der Arbeit raus, alle anderen scheinen hier ihre Chance zu wittern und arbeiten teils sogar ausgesprochen engagiert - das gilt selbst für die drei Astana-Vertreter, die wohl jeder für sich genommen in kleineren Teams auch Chancen auf die Rolle des Kapitäns gehabt haben dürften. Die Frage ist also: wer sind die Gegner? Cofidis stellt mit Dillier und Doull (beide COF) zwei brauchbare Roller ab, Total hat als frühe Helfer nur Champion und Delaplace (beide TEN) zu bieten - und von Novo Nordisk und Tudor kommen weitere sieben Helfer hinzu (Amador, Berwick, Thompson und Watson von Novo Nordisk und Colombo, Double und Townsend von Tudor). Damit entsteht zwar ein quantitatives Gleichgewicht - genau elf mitarbeitende Ausreißer gegen elf nachführende Helfer. Man muss aber deutlich sagen, dass der qualitative Vorteil klar bei der Gruppe liegt.

Daher geht der Vorsprung auch stetig in die Höhe - auch wenn gerade die Helfer von Novo Nordisk und Total früh den Eindruck machen, hier ziemlich voll zu fahren und eher wenig Rücksicht auf eine denkbare Krafteinteilung zu nehmen. Nach 75 Kilometern stehen daher vier Minuten Vorsprung auf der Uhr. Normalerweise zu dem Rennzeitpunkt vielleicht keine angsteinflößende Zahl, aber nach dem Anstieg nach Montalcino sind mit Colombo und Townsend (beide TUD) sowie Delaplace (TEN) schon erste Helfer zurückgefallen. Immerhin: Total bringt mit Champoussin (TEN) eine frische Kraft an den Start. Den hätte man vorhin mal im Montalcino-Anstieg gebraucht - denn auf dem nun beginnenden, extrem langen Schotter-Abschnitt nach Lucignano d'Asso fühlen sich die Ausreißer sichtlich wohler als die Verfolger. Noch während dem Abschnitt knackt die Gruppe die Marke von fünf Minuten Vorsprung - mit einem interessanten Nebeneffekt: mit Double zieht sich der letzte Tudor-Helfer aus dem Tempo zurück, während vorne seine Teamkollegen Rafferty und Ryan (alle TUD) ihre Verweigerungshaltung aufgeben und nun ebenfalls mitkreiseln.

Weniger verbliebene Helfer im Feld gegen eine nun vollständig harmonierende Gruppe - und es steht mit dem Abschnitt nach Buonconvento die nächste lange Schotter-Passage an. Im Feld nun im Tempo: immer noch Dillier und Doull (beide COF), bei Novo Nordisk nur noch Berwick, Thompson und Watson - Amador (allen TNN) ist inzwischen auch zurückgefallen - sowie der wacker beißende Champion mit Champoussin und Piccolo (alle TEN) als frische Kraft. Sechseinhalb Minuten Vorsprung stehen für die Gruppe auf der Uhr, als Piccolo (TEN) ins Tempo einsteigt. Der Italiener trägt in der Folge entschieden dazu bei, dass der Vorsprung nicht mehr so schnell ansteigt. Dennoch fällt zum Beginn des nächsten Sektors die Marke von sieben Minuten Vorsprung für die 13 Fahrer an der Spitze des Rennens. Der nun in Monteroni beginnende Schotter-Sekotr ist derweil über zehn Kilometer lang und durchgängig leicht ansteigend. Das kommt - trotz Piccolo (TEN) wieder der Gruppe zugute. Am Ende des Sektors stehen knapp acht Minuten Vorsprung für die Gruppe zu Buche - und über die Hälfte des Rennens ist absolviert.

Derweil bröckelt im Feld weiter die Helfer-Reserve: Cofidis hat nur noch Doull im Tempo, Dillier (beide COF) kann nun ebenfalls nicht mehr. Novo Nordisk hat Berwick verschlissen, sodass nur noch Thompson und Watson (beide TNN) im Tempo sind, während der am heutigen Tag bisher wirklich auffällig wacker kämpfende Champion nun auch langsam beißt, sodass für Total im Moment vor allem Champoussin und Piccolo (beide TEN) die Hauptlast tragen. Wenn Pogacar heute noch irgendwie in die Entscheidung zurückkommt, sollte er Champion (beide TEN) einen überdurchschnittlichen Batzen der Siegerprämie direkt weitergeben. Aber soweit sind wir noch nicht - und angesichts der zunehmend schrumpfenden Helferschar und fast neun Minuten Vorsprung der Gruppe kurz vor Kilometer 130 stellt sich zunehmend die Frage: reicht dieses Polster für die Überraschung des Durchkommens - oder schlagen die Top-Favoriten um Pogacar (TEN) noch zu?

[Fothen_29]

Da sind wir wieder: Kilometer 130 ist passiert, damit sind noch rund 85 Kilometer zu absolvieren. Vor den Fahrern steht der Sektor mit dem Anstieg zum Monte Sante Marie, der dank dieses Rennens eine Popularität entwickelt, die es bald mit flämischen Hellingen aufnehmen können wird. Dementsprechend wartet - gleich zum Beginn von rund zehn Kilometer Schotter - eine Steigung von über zehn Prozent auf die Fahrer. Nachdem vorne in der Gruppe bisher überraschend gut kooperiert wurde, scheint nun das Rennen zu beginnen: Vendrame (VBF) verschärft das Tempo! Allerdings handelt es sich - das ist ja sowohl während der Entstehung der Gruppe als auch im Tagesverlauf deutlich geworden - um eine Gruppe von Fahrern, die sich alle auf dem Schotter durchaus wohlfühlen. Entsprechend haben nur Albanese (PTK), Ryan (TUD) und Velasco (IPT) Probleme, können aber nach dem Monte Sante Marie wieder nach vorne aufschließen.

Neun Minuten später erreicht nun das Feld die gleiche Passage - und auch hier wirds jetzt lebendig: Pogacar (TEN) attackiert! Damit wird nun natürlich das Feld ordentlich zerlegt: das Hinterrad von Pogacar (TEN) kann in dem Moment niemand halten, der Slowene setzt also tatsächlich zu einer 80-Kilometer-Verfolgung an! Hinter Pogacar (TEN) bildet sich derweil ein Quintett mit zwei Duos. Klingt kompliziert, ist aber einfach: Benoot und van Gils (beide IWA) für Intermarché, Mohoric und Skujins (beide Q36) für Q36 - und dazu noch Pidcock (COF). Und das bedeutet: der Sieger von 2021, van der Poel (TNN), hat es nicht in diese erste Verfolgergruppe geschafft! In der Tat findet sich van der Poel in einer zweiten Verfolgergruppe wieder, in der ansonsten noch Formolo (Q36), Jorgenson und Zana (beide EFE), Kwiatkowski (COR), Madouas (IPT), Martinez (TEN), Simmons (LTK), Tratnik (COF), Ulissi (PTK) und Valter (BBH) fahren. Während der Versuch von Vendrame (VBF) in der Gruppe eher vorsichtig daherkam, ist im Feld die Schlacht eröffnet. Pogacar (TEN) macht richtig ernst und hat am Ende des Sektors gegenüber den Ausreißern über eine Minute herausgefahren, sodass entsprechend "nur" noch etwas weniger als acht Minuten Rückstand nach vorne verbleiben. Klingt erstmal immer noch nach viel - aber wenn er in dem Tempo weitermacht, dann wirds nochmal spannend.

Nach diesem aufregenden Sektor geht es in der Folge aber erstmal zwanzig Kilometer ohne Sektor weiter. Pogacar (TEN) knabbert weiter Rückstand zur Spitzengruppe weg, aber alleine gegen ein gutes Dutzend natürlich nicht mehr so schnell wie vorhin auf dem Schotter. Dennoch: eingangs der ersten Runde mit den vielleicht bekanntesten Sektoren - Colle Pinzuto und Le Tolfe - hat Pogacar (TEN) nochmal über eine Minute auf die - immer noch fast wie ein Team harmonierende Spitzengruppe - herausgefahren. Entsprechend stehen für Pogacar (TEN) etwas mehr als 50 Kilometer vor dem Ziel nur noch rund sechseinhalb Minuten Rückstand auf der Uhr. Dahinter konsolidiert sich das Rennen. Das Verfolger-Quintett arbeitet gut zusammen, muss aber dennoch eine wachsende Lücke zu Pogacar (TEN) akzeptieren. Die Gruppe dahinter - in der immerhin van der Poel (TNN) mitfährt - fällt aber immer weiter zurück. Das liegt einerseits daran, dass sich Fahrer wie Simmons (LTK) und eben van der Poel (TNN) eher nicht am Tempo beteiligen und damit auch das Education First Duo "anstecken" - und andererseits daran, dass Martinez (TEN) auch immer wieder die verbliebenen Fahrer in ihrer Zusammenarbeit dadurch stört, dass er mit durchrollt und dadurch die Gruppe ausbremst.

So geht es durch die erste Pinzuto-Le Tolfe Runde, wobei Pogacar (TEN) der Gruppe wieder eine Minute abgenommen hat und somit etwas mehr als 40 Kilometer vor dem Ziel rund fünfeinhalb Minuten zurückliegt. Aus der neutralen Perspektive erstaunen mich dabei zwei Dinge: einerseits die weiterhin bestehende Einigkeit in der Gruppe. Es wirkt fast so, als hätte fast jedes Team sicherheitshalber die Gruppe besetzen wollen - dabei aber vergessen, sich eine Taktik für den Fall zu überlegen, dass die Gruppe tatsächlich um den Sieg kämpfen wird. Und zweitens besteht aus meiner Sicht ein enormer Druck für Mühlberger (IWA) und Neilands (Q36). Angesichts der Rennsituation bei den Favoriten, wo diese beiden Teams vier der fünf Fahrer des Verfolger-Quintetts stellen, wäre in einem Szenario ohne Gruppe die Wahrscheinlichkeit für einen Podiums-Platz durch eines dieser Teams enorm hoch. Wehe also, wenn Mühlberger (IWA) oder Neilands (Q36) dieser Podiums-Platz im Falle des Durchkommens nicht gelingt. Ich möchte jedenfalls nicht die Stimmung miterleben, die dann potentiell in den Mannschaftsbussen herrschen dürfte. Zumal gerade Q36 das einzige Team ist, welches in dieser Phase das Rennen hinter Pogacar (TEN) belebt. Mohoric (Q36) kann sich mit seinem Vorstoß im Colle Pinzuto allerdings nicht von seinen Konkurrenten lösen.

Damit geht es in Richtung der letzten 25 Kilometer, die das finale Pinzuto-Le Tolfe Double beinhalten. Pogacar (TEN) hält derweil das Rennen weiter spannend: der Slowene hat der Gruppe auf den letzten 15 Kilometern eineinhalb Minuten abgenommen, sodass die Gruppe für die letzten 25 Kilometer noch etwas mehr als vier Minuten Vorsprung als Puffer hat. In der Gruppe macht sich inzwischen bemerkbar, dass diese - zwar sowohl in großer Zusammensetzung als auch in großer Einigkeit, aber dennoch - seit einer ganzen Weile vor dem Feld arbeitet. Bei den Ausreißern wird weiterhin nicht attackiert, aber langsam machen sich dann doch unterschiedliches Wohlbefinden auf ansteigendem Schotter und der jeweilige Formstand bemerkbar. Albanese (PTK) und Ryan (TUD) verlieren hoch zum Colle Pinzuto als erste den Anschluss. Im Le Tolfe teilt sich die Gruppe dann in zwei, wobei sich ein Quintett mit Bettiol (BBH), Neilands (Q36), Rota und Teuns (beide AST) sowie Vendrame (VBF) von Brambilla (VBF), Lutsenko (AST), Mühlberger (IWA), Rafferty (TUD), Velasco (IPT) und Zimmermann (LTK) absetzt.

Das erste Quintett macht noch einen ganz guten Eindruck und dürfte sich wohl langsam mit dem Gedanken befassen, dass man der Sensation des Sieges bei diesem Rennen immer näher kommt. In der Gruppe dahinter machen Fahrer wie Mühlberger (IWA) und Zimmermann (LTK) inzwischen aber einen ziemlich fertigen Eindruck. Pogacar (TEN) macht zum Colle Pinzuto und im Le Tolfe nochmal richtig Zeit gut und kommt mit rund zweieinhalb Minuten Rückstand auf die letzten rund 15 Kilometer. Im Verfolger-Quintett entbrennt derweil die Konkurrenz zwischen Intermarché und Q36, wobei man mit gegenseitigen Vorstößen, insbesondere von Benoot (IWA) und Mohoric (Q36), die Konkurrenten nicht distanziert bekommt. Wir konzentrieren uns aber auf das Finale vorne: Pogacar (TEN) erreicht relativ schnell das abgehängte ehemalige Ausreißer-Duo Albanese (PTK) und Ryan (TUD). Während ich mich inzwischen festlege, dass das führende Quintett mit Bettiol (BBH), Neilands (Q36), Rota und Teuns (beide AST) sowie Vendrame (VBF) den Sieg untereinander ausmachen können wird, könnte das mit den ersten Verfolgern nochmal spannend werden.

Bleiben wir aber vorne, denn dort geht es nun in der Rampe nach Siena um eben jenen Sieg: dabei fällt Teuns (AST) als erster ein bisschen zurück, während vor allem Bettiol (BBH) zu versuchen scheint, hier ein bisschen Selektion herbeizuführen. Und das gelingt dem Italiener letztlich auch: während Rota (AST) sich noch am ehesten festbeißen kann, verlieren Neilands (Q36) und Vendrame (VBF) ein an Boden. Kann Bettiol (BBH) das durchziehen? Ja! Rota (AST) kommt nicht mehr zurück, entsprechend gewinnt Bettiol (BBH) die Strade Bianche vor seinem Landsmann Rota (AST). Neilands (Q36) verhindert dahinter schlechte Stimmung im Teambus und sichert sich Rang drei vor Vendrame (VBF). Teuns vervollständigt die Top Fünf. Als nächstes erreichen die Verfolger die Schlusssteigung - während Pogacar (TEN) sich immer mehr heransaugt. Die Verfolgergruppe fällt dann auch sofort auseinander: Mühlberger (IWA) und Zimmermann (LTK) beißen richtig, auch bei Lutsenko (AST) und Rafferty (TUD) sieht das nicht gut aus. Und tatsächlich kann Pogacar (TEN) in der Steigung zum Marktplatz diese vier noch einsammeln, während sich Brambilla (VBF) und Velasco (IPT) vor dem heranstürmenden Pogacar (TEN) über die Kuppe retten können. Velasco (IPT) kann sich so Rang sechs vor Brambilla (VBF) auf Rang sieben sichern, während Pogacar (TEN) - je nach Perspektive - nach wahrlich furioser Aufholjagd noch oder nur Achter wird. Lutsenko (AST) sichert sich dahinter Rang neun, währen Rafferty (TUD) die Top Ten vervollständigt.

Geschlagen erreichen als nächstes erst Zimmermann (LTK) und dann auch Mühlberger (IWA) das Ziel. Rang 13 geht dahinter an Albanese (PTK), der sich von Ryan (TUD) lösen konnte und noch vor den ersten Pogacar (TEN) Verfolgern ankommt. Dort hat auch ein Vorstoß von van Gils (IWA) nicht den gewünschten Effekt erzielt, sodass die fünf Verfolger in der Steigung um die nächsten Plätze kämpfen. Zuerst fällt dabei Benoot (IWA) zurück, ehe man in der Steigung noch Ryan (TUD) einsammeln kann. Oben geht dann Rang 14 an Pidcock (COF), der sich vor Skujins (Q36) durchsetzt. Van Gils (IWA) wird dahinter Sechzehnter vor Mohoric (Q36). Bitter für Intermarché: in einem Szenario ohne Gruppe wäre das Rang vier für van Gils gewesen - statt Rang 12 durch Mühlberger (beide IWA) als bestes Ergebnis eines Fahrers des Teams. So steht Intermarché an heutigen Tag beispielhaft für einige weitere Teams, die sich beim verständlichen Versuch, der Übermacht von Pogacar (TEN) durch einen Gruppengang zu entfliehen, etwas verkalkuliert haben. Mit dieser Feststellung verabschiede ich mich aus der Toskana - und bin gespannt, wie entsprechend taktische Abwägungen bei kommenden Klassikern so ausfallen!