Radsim '05

Hallo und herzlich willkommen zum Super 8 Classic! Seit der vergangenen Saison wird das Rennen unter diesem Namen ausgetragen, viele kennen es daher sicherlich noch unter seinem Vorgangerlabel Primus Classic. Seit es im Jahr 2015 erstmals den Weg in unseren Kalender gefunden hat, konnten eigentlich immer sehr endschnelle Fahrer zuschlagen, wobei Arnaud Démare mit seinen beiden Erfolgen 2019 und 2022 der Rekordsieger ist. Er ist diesmal aber nicht mit dabei, sodass nur Titelverteidiger Phil Bauhaus (TBV) die Gelegenheit hatte, mit einem zweiten Sieg zum Franzosen aufzuschließen. Er sieht sich dabei einem mit 13 Mannschaften zwar relativ kleinen, aber qualitativ doch durchaus ansehnlichen Feld gegenüber, mit Namen wie van der Poel (TNN), Pedersen (MOV), Milan (IPT) und vielen weiteren aussichtsreichen Kandidaten.



Das Profil war im Wesentlichen dasselbe wie immer, sodass die Sprinter also sicherlich erneut Chancen hatten, aber komplett flach war es den Tag über eigentlich auch selten und die Abfolge kurzer Steigungen in der zweiten Rennhälfte bot durchaus auch Gelegenheiten für ein alternatives Szenario. Und schließlich war ja auch noch eine Entscheidung über die frühe Gruppe möglich - doch danach sah es nicht unbedingt aus: Die erste Attacke nach dem Start kam von den beiden Niederländern Pim Ronhaar (Q36) und Taco van der Hoorn (DFP), denen sich dann noch Ronhaars Teamkollege Dusan Rajovic (Q36) anschloss - und damit stand dann auch bereits die Gruppe des Tages. Für alle drei wäre angesichts ihres bisher doch relativ überschaubaren Palmarès ein Sieg heute sicherlich der größte Karriereerfolg, doch die Chancen darauf standen nicht gut angesichts der nachführenden Allianz von Bahrain, Euskaltel, Israel, Jayco und Novo Nordisk.

Das Wetter war heute nicht gut, spielte aber letztlich auch keine rennentscheidende Rolle, sondern man absolvierte die erste Hälfte der insgesamt 197,5 Kilometer reichlich unspektakulär. In der zweiten baute sich dann Novo Nordisk allerdings schon frühzeitig entschlossener auf und verschärfte über gute 20 Kilometer erkennbar das Tempo. Das Ziel der Unternehmung lag offenbar in der Moskestraat nach 136 Kilometern, also über 60 vor dem Ziel: Die Ausreißer lagen hier noch gute vier Minuten voraus, da ging hinten die nächste Attacke und die kam von Mathieu van der Poel (TNN)! Der Niederländer war natürlich ein Fixpunkt für viele, wenn auch nicht alle Mannschaften, und der eine oder andere Fahrer versuchte nun zu reagieren. Das gelang zwar tatsächlich niemandem ganz direkt, aber es bildete sich eine Verfolgergruppe mit Roger Adrià (EUS), Ruben Guerreiro (JAY), Toms Skujins (Q36), Mike Teunissen (DFP) und Axel Zingle (IPT). Weitere Fahrer versuchten noch aufzuschließen, allerdings zunächst vergeblich, sie wurden dann erstmal wieder eingesammelt vom ersten Verfolgerfeld.

In eben jenem Verfolgerfeld intensivierte Bahrain seine Bemühungen, die hier am ehesten gezielt auf einen Sprint zu fahren schienen. Andere schienen sich hier erstmal neu orientieren zu müssen und wieder weitere Teams waren hier sogar schon komplett noch weiter zurück: Mit Astana um Strong (AST), Groupama um Alaphilippe (GFC), Lidl um den sehr hoch gehandelten Philipsen (LTK) sowie Global 6 um Blackmore (BB2) waren das vier Teams, deren Fahrern hier sicherlich je nach Rennverlauf etwas zuzutrauen gewesen wäre und die sicherlich teils auch Orientierungspunkte für andere waren. Sie alle sollten aber nicht mehr zurückkommen und mit dem Rennausgang heute nichts zu tun haben.

An der Spitze des Rennens ließ van der Poel sich dann nochmal einholen, die Lücke zu den Verfolgern war noch nicht wirklich groß geworden und zu sechst konnte man da jetzt vielleicht erstmal mehr bewirken. Wobei die Harmonie auch nicht optimal war, da doch der eine oder andere nicht konsequent mit durch die Führung ging, sondern offenbar eher darauf lauerte, dass sein Sprinter hinten im Verfolgerfeld womöglich die bessere Option sein könnte. Da aber hinten wie gesagt lange auch zu wenig Engagement vorherrschte, hatte man den Vorsprung bereits über eine Minute ausgebaut, bis Bahrain nach der Konsolidierungsphase zumindest etwas Unterstützung von Education First und Movistar bekam, die den Postabgang ja ebenfalls verpasst hatten - sowie sporadisch von denjenigen Teams, die offenbar noch nicht so sicher waren, ob sie ihr Ei vorne oder hinten legen wollten.

An der Spitze des Rennens setzte sich Taco van der Hoorn in der Moskestraat 35 Kilometer vor dem Ziel von seinen beiden Mitstreitern ab: Der niederländische Routinier schien der stärkste Fahrer vorne und wollte jetzt seinen Motor offenbar nutzen, um das Unmögliche doch irgendwie durchzudrücken. Das Q-Duo Ronhaar und Rajovic versuchte dann auch gar nicht mehr, den Rückstand kleinzuhalten und vielleicht wieder heranzukommen, sondern diese beiden ließen sich nun bald von der Gruppe um ihren Teamkollegen Skujins einholen und fuhren da nochmal kurze harte Ablösungen. Als beide platt waren, versuchte es Skujins - nachdem zuvor Teunissen vergeblich angegriffen hatte - mit einer Attacke in der Holstheide und konnte sich auch tatsächlich ein Stück vorne raus lösen.

29 Kilometer vor dem Ziel ging es dann in den Smeysberg: Van der Hoorn fuhr dort mit 40 Sekunden Vorsprung auf Skujins rein, der wiederum einige Sekunden vor dem Quintett Adria, Guerreiro, Teunissen, van der Poel und Zingle und diese eine gute Minute vor dem Feld: Hier hatte sich das Ganze nun also eingependelt, wirklich näher war man in dieser Phase aber eben auch nicht wieder herangekommen. Van der Poel wollte nun aber offenbar auf Nummer sicher gehen bzw. für eine weitere Selektion sorgen, bei acht Prozent Steigung ging er in die Offensive und erneut konnte niemand unmittelbar am Hinterrad sitzen bleiben. Adrià etablierte sich als erster Mann hinter dem Niederländer, dann das Trio aus Guerreiro, Teunissen und Zingle. Van der Poel schloss dann noch vor der Kuppe zu Skujins auf, gemeinsam versuchte man nun, sich abzusetzen.

Und das gelang auch erstmal: Adrià kam nicht heran, sondern wurde im folgenden Flachstück wieder von den anderen dreien eingesammelt. Das Loch zum Feld war im Smeysberg sogar nochmal etwas größer geworden, erst nun im Flachen wurden wieder Sekunden abgeknabbert. Auch wenn Guerreiro und Zingle nicht optimal mitzogen, sah das also ganz ordentlich aus für die vorausfahrenden Akteure, denn das Abknabbern ging verhältnismäßig langsam vonstatten: Da so viele Teams komplett und einige der frühen Helfer inzwischen natürlich ebenso über Bord gegangen waren, hatten die anwesenden Sprinter wie die schon genannten Bauhaus, Pedersen und Milan, oder auch Kooij (EFE), Jakobsen (DFP) oder de Kleijn (JAY) nicht mehr überragend viel Manpower - bzw. teilweise ja auch einen Teamkameraden voraus, sodass man mit den verbliebenen Helfern jetzt auch nicht blind all in gehen würde.

Van der Poel und Skujins harmonierten erstmal gut und bauten so nicht nur ihren Vorsprung nach hinten Sekunde um Sekunde aus, sondern sammelten natürlich auch Taco van der Hoorn ein, der sich da wirklich tapfer behauptet hatte. Nun sah er am Hinterrad der beiden Neuankömmlinge aber doch ziemlich fertig aus und musste in der Bosstraat 14 Kilometer vor dem Ziel dann auch endgültig die Segel streichen. Ein kurzer Pull für Teunissen bei den Verfolgern war für van der Hoorn noch möglich, danach flog er auch dort ab und wurde heute noch ein bisschen durchgereicht - aber ein bereichernder Auftritt allemal. Die Favoriten waren nun also unter sich, van der Poel hatte in der Bosstraat versucht, erneut gegen Skujins ausgeteilt, aber der Lette quälte sich am Hinterrad des Niederländers über die Kuppe. Wenig später versuchte er sogar im Flachen selbst mal, sich solo zu lösen, aber wenn man zu zweit unterwegs ist, ist der Überraschungseffekt natürlich äußerst gering und van der Poel folgte sofort.

Das Verfolgerquartett war mit zunehmender Dauer in eine kompliziertere Situation geraten: Es sah nicht so aus, als käme man den beiden Führenden nochmal irgendwie näher, was der Harmonie natürlich weiter abträglich war. Allerdings war auch im Feld weiterhin nicht der richtig überzeugende Zug auf der Kette, um das nun sicher auszunutzen. Diese beiden Beschreibungen zeigen aber natürlich: Eine Siegentscheidung zwischen Skujins und van der Poel wurde immer wahrscheinlicher und genau so kam es dann auch. Der Niederländer war einmal mehr wohl der stärkste Fahrer des Rennens, aber der Lette hatte einen guten Moment gefunden, um Vorsprung mitzunehmen vor der entscheidenden Attacke des diesjährigen Klassikerdominators. So näherte man sich zu zweit dem Ziel und sollte das Ding in der Tat miteinander ausmachen. Es blieb sogar genug Zeit zum Taktieren und so ging Skujins auf dem letzten Kilometer nicht mehr vorbei, ließ van der Poel den Sprint aus der ersten Position eröffnen. Das tat der dann aber auch bekannt dynamisch, Skujins hielt sich wacker im Windschatten, aber der Moment um spät nochmal anzugreifen - er kam nicht. Die Lücke wurde eher größer und van der Poel konnte sich schon deutlich vor der Linie aufrichten um nach dem vielleicht weniger erfreulichen Kanada-Ausflug einen weiteren Sieg für sein üppiges Palmarès zu bejubeln, Gratulation!

Toms Skujins wurde also Zweiter, tolle Leistung, und dahinter wurde es spannend: Würde das Verfolgerquintett sich noch hereinretten vor dem Sprinterfeld? Dort hatte Israel nun die Spitze übernommen in der Anfahrt mit einem kleinen Zug für Milan, auch Vorjahressieger Bauhaus war von seinen Teamkollegen nochmal gut lanciert worden. Aber das Loch nach vorne war definitiv noch da und die Strecke ging aus, in der man das noch hätte schließen können. Also ein Vierersprint um Platz drei und auch der war knapp, aber hinten heraus erwies sich doch Axel Zingle als der Stärkste und machte dann eben auf diesem Wege das Podium für sein Team klar. Mike Teunissen wurde Vierter vor Roger Adrià und Ruben Guerreiro. Im Sprint kamen von Milans Hinterrad dann de Kleijn und Pedersen noch stark auf, sodass ein enger Vierkampf um Platz sieben war - den dann in der Tat Pedersen zu seinen Gunsten entschied, der den harten Tag vielleicht am besten verkraftet hatte. Achter wurde Bauhaus, Neunter de Kleijn und Zehnter Milan. Kooij kam von zu weit hinten erst gut auf und musste sich mit Rang elf begnügen vor Jakobsen, Govekar, Louvel und Consonni. Das war's vom Super 8 Classic - ich hoffe, das Rennen hat euch gut unterhalten und melde mich in zehn Tagen wieder vom Giro dell'Emilia.